Freitag, Mai 11, 2007

Falling in love with a Kiwi

Wo Anfangen, wenn das Ende noch so weit weg ist? Am Anfang, waere die leichteste Antwort, hilft mir gerade nicht. Mit der Ueberschrift habe ich mittendrin begonnen und werde euch dann bis zum Ende schmoren lassen.

Ankunft:
- Tief einatmen, die Luft riecht so gut, sie loest die gleichen Gluecksgefuehle wie Zucker oder Schoki aus. Knuffige Herbergen, nette Leute, viel zu sehen und die Augen fallen nach soviel Flugaufregung einfach zu. Spaeter.
- Auckland, Hauptsache weg aus dieser Stadt, mehr ist sie nicht, eine Stadt.

Entscheidungen:
- Mit dem Bus einer Reiseveranstaltung? Mit den oeffentlichen Bussen und Zuegen? Ein Auto oder Van? Mieten oder Kaufen? Sicherheit und hoehere Kostern, oder Zeit investiert, Risiko und Geld gespart? Kann ich links fahren? Mental uebe ich, indem ich hinter dem Busfahrer sitze und meinen Lenkzwang bekaempfe.

Van. Mieten. Auf und davon. Die Regeln:
Rechts vor links (aber sonst dreht ihr doch auch alles um?!). Wo ist denn nur der Gurt, *blindes grabschen ueber der linken Schulter bleibt erfolglos*, der Gurt ist rechts! Schon wieder beim Beifahrer eingestiegen! Abbiegen heisst den rechten Schalter betaetigen. Mist schon wieder trocken Scheibe gewischt. Will ich wissen wie es hinter mir aussieht muss ich nach links schauen, nach LINKS! denn da haengt der Spiegel. Schweissnasse Haende, links bleiben, schoen links bleiben...

Erste Reiseziele:
- Cap Reinga, noerdlichster Punkt der Nordinsel, waermster Breitgrad, Gaudi auf dem Buggyboard die Sandduenen hinunterrutschend, quitschend den Bremssand des Vordermann schluckend, Spass wie im Ferienlager, Nervenkitzel wie mit Skiern den Auslauf der Schanze hinunter, Aussichten wie nur Neuseeland sie bietet

- Coromandel Halbinsel, warm, doch noch Sommer erlebt, viel Natur und Kurven bis der Van kotzt und Berge bis er roechelt
- Kauaerangi Trail, Pinnacle Hut, 2-Tageswanderung, statt junger Leute auf der Stromlosen Huette nur Kiwis, vor allem aeltere Kaliber mit viel Unterhaltungsfreude und Laechelbegruendens auf meinem Gesicht. Ein Paerchen habe ich sage-und-schreibe noch 3 Mal getroffen, obwohl wir voellig verschiedene Fahrwege auf der Nordinsel hatten. Wir haben Adressen ausgetauscht und nun habe ich "Bekannte" in Australien. Duschen unter Sternenhimmel, frieren im Schlafsack, nach NZ gibt es definitiv einen neuen Sack.

- 60 Grad oder noch ein bisschen heisser? Mein perfekter Tag beginnt kurz vor 7 Uhr, ich stehe puenktlich auf, die heissen Quellen am Haheistrand warten. Kuehe schwimmen im Morgennebel an mir vorbei, die Pflanzen dampfen und alles scheint nur fuer mich in der aufgehenden Sonne zu gluehen. Juhuu, ich bin dir Erste. Da vorne an den Felsbrocken dampft der Sand, er kocht und blubbert. Zwei heisse nasse Spuren kraeuseln sich ihren Weg zum Meer. Da buddel ich mein Wasserloch. Autsch, die Finger verbrannt, die Haut zerkratzt, weiter unten noch mal. Und weiter drueben noch eins und dann im vierten Versuch mit geliehener Schaufel bin ich erfolgreich. Als kleines Strandschweinchen suhle ich mich im warmen Wassergemisch. Langsam drohen immer mehr Touris. Neben, ueber, unter meinem Loch wird gebuddelt, gelacht und gestoehnt. Ich suhle mich in alle Richtungen, jah nicht zu nah an den Heisswasserzufluss und die Fuesse bloss nicht nur auf der kalten Seiten. Regelmaessig schaufeln, der Sand laeuft schneller nach unten als ich entspannen kann. Die Sonne auf dem Koerper fuehlt sich wie Sommer an. Ich lebe. Spaeter lese ich, dass die Mineralien im Wasser die Badesachen angreifen und ich weiss endlich warum mein Anzug an diesem einen Tag so gealtert ist. Die Bestattung folgt daheim. Ein paar Tage darauf hoere ich zum ersten Mal bewusst von dem extrem hohen UV-Wert in NZ. Zum Glueck war ich 2h am fruehen Morgen da und hab die Sonne genossen und nicht sie mich. Ich gebe mein Loch auf, ein paar deutsche Kinder haben es in Beschlag genommen. Eine Orange, eine eiskalte Frischdusche und herrlich kalte Bananenmilch spaeter bin ich auf dem Rueckweg zum Van. Noch einmal vorbei an den Touris ein leichtes Laecheln im Gesicht. Nur ich hab den Strand leer und blubbernd an diesem Tag gesehen. Es war ein quellfrisches Erlebnis.

Mein perfekter Tag geht weiter auf dem Weg nach Sueden. Mein Lonely Planet beschreibt eine Miniwanderung zu einem kleinen Huegel. Eine von hunderten den Maori heiligen Staetten ueberall auf Neuseeland. Ich will die Gegend von oben sehen und endlich richtig essen. Fast oben, viel Platz zum parken und eine steile, kurze Wanderung spaeter bin ich da. Ein Rundumblick ueber Wuerfelstaedtchenhaeuser, 2,5 Buchten, Schiffchen, gruene Huegel und noch meer Wasser. Ich plumpse ganz oben auf einen Stein, allein und in Ruhe schmier ich mein Sandwich und geniesse. Lautes Jungsgroelen und lachen weckt mich aus meiner Selbstvergessenheit. Gleich wird es peinlich, ich beim Halbpicknick und so allein. Statt dessen drei freundliche Entschuldigungen fuer die Unterbrechung meiner Ungestoertheit. Ich bin positiv erstaunt. Drei Backpacker? So sehen sie aus. Natuerlich quasseln wir und ich schiesse Fotos der drei. Unerwartet, sie sind echte Neuseelaender! Einer hat Geburtstag. Ob ich mitfeiern will, sie sind auch alle ganz harmlos. *achso?* Ich koennte auch da parken, mit grillen und in Ruhe schlafen. Im Van. Da bin ich dabei. Die beste Entscheidung ueberhaupt. Es wird eine lustige Partie, nur Jungs, Steaks und ich. Bier und Musik waren nicht mein Dauerfall aber insgesamt einfach richtig. Einer kuemmert sich besonders freundlich. Um 10 bin ich platt, mein Organismus hat sich schon demTag- und Nachtrhythmus durch die Sonne angepasst. Einschlafen sofort erfolgreich, trotz Erdnusstrommelns auf meinem Vandach. Jungs eben. Das ganze Wochenende wird eine Freude. Rumfahren. Schnellbootrennen anschauen im Norden, Oldtimertreffen in Megaausfuehrung im Sueden. Lecker BBQ vor Ort, Nr.3. NZ hat mich zum Steakfan gemacht. Im Laden ein Steak in Uebergroesse fuer nur 2Euro und extrem lecker gebruzelt. Tatsaechlich, ein deutsches Fleischpflaenzchen ist gewachsen. Ich werde eingeladen ins elterliche Haus. Geniesse ein Bett, regelmaessiges Duschen, jeden Abend ein fertiges, besonders leckeres Dinner, eine Waschmaschine und es regnet. Ich lerne alle nahen Verwandten kennen und werde "vorgezeigt". Komplimente versuessen den Tag, ich plane meine Reise. Meine letzte Woche will ich hier auch noch einmal verbringen. Bei meinem Kiwi.

Als Kiwi wird landestypisch bezeichet:
- ein nachtaktiver Vogel, flugunfaehig, langer Schnabel, vom aussterben bedroht und Nationalsymbol
- die Eindollarmuenze, goldfarbaehnlich, neuseelaendisch
- die aus China eingefuehrte Beerenfrucht, grossflaechig angebaut, gruenes, saftiges Fleisch, Exportschlager
- alles Neuseelaendische
- ein Einwohner Neuseelands

Dienstag, Mai 01, 2007

Shanghai 1 Woche zum Buchfuellen

Ja was war denn da nochmal...

Da mein persoenliches Tagebuch unter Eintragsmangel leidet, sollt ihr nicht auch noch davon betroffen sein. Es ist halb zwei Uhr Nachmittags in Tauranga und ihr schlaft halb vier Uhr morgens hoffentlich alle tief und fest.


1 Woche China, 1 Woche Extreme, 1 Woche angewandtes Kultur-schockerlebnis und Kulturverstaendnis


- ein Fleischspiess vom Strassenrand? Eine frisch geschaelte Ananas? Die Auswahl ist riesig, Hygienestandards an Individualstaenden nicht vorhanden, das Essen in Restaurants grandios, wenn man denn weiss, was man bestellen moechte. Fuer drei Personen 10 Gerichte und mehr (Reis nur wenn nach dem Speisen noch nicht alle satt sind), alles wird geteilt, alles probiert, alles zu guenstigen 30 Euro inkl. Getraenke

- Was bekommt man unter Umstaenden bei der Bestellung einer Coke ohne Eis?
a) eine Coke mit Eis
b) Kokain
c) eine Kokosnussmilch mit Eis

Jaaaa, und jetzt wollt ihr natuerlich die Antwort. Also b) ist einer Freundin von Doreen widerfahren, die bei Nachfrage jedoch dankend ablehnte und auf ein Getraenk der Marke Coke bestand. Doreen dagegen durfte sich ueber c) eine Kokosnussmilch mit Eis freuen.

- Wenn ein Bettler dich anspricht sei genauso ein Arsch, wie wenn dir Leute ganz echte! Designerware andrehen wollen. Hinter allem stecken Banden. Die Armut springt einem taeglich ins Gesicht und ein permanent beschaemendes Gefuehl kann zur Begleiterscheinung werden.
- Die Sonne ist schoen, dass weiss man jedoch nur wenn man die Stadtgrenzen nach ueber 40 km vom Zentrum aus ueberschritten hat und durch den Schleier von Smog und Wasser das nicht verdunsten kann, sieht. Weitsicht und tief durchatmen sind nicht Alltag.
- Saubere Toiletten sind ein Luxus, den sich eine verwoehnte dt. Goere gerne goennt. Das uebliche, oeffentliche, reichlich versaute, Loch im Boden, ein Stueck Klopapier das man zuvor kaeuflich erwerben darf und die Ansicht nackter chinesischer Hintern gehoeren einfach nicht zu meinem Erlebniswuenschen
- Und noch ein Wolkenkratzer. Jeder ist Ausdruck von Reichtum und architektonischer Kreativitaet, jeder raubt Shanghai ein Stueck seiner alten Identitaet und schafft fuer 16 Millionen Bewohner neue Eigentumswohnungen, Konsumpalaeste oder Hotelvarianten.
- Der groesste und weitverbreitetste Geldschein steht fuer 100 Yuan, ungefaehr 10 Euro. Mit denen wird in zum Teil riesigen Buendeln auch alles bezahlt. Der Tourist als solcher hat natuerlich die weite Verbreitung von Visaakzeptanzgeraeten verursacht, doch an den aberhunderten kleinen Staenden kann man selbstverstaendlich nur mit Barem Waren erwerben.

- Ihnen schmeckt die Luft heute nicht? Kommt vor. Der Geschmack von Diesel ist bei der Ankunft am bemerkenswertesten, dann gewoehnt man sich daran und nur wenn man zur Rushhour auf den Strassen dem Massenlaufen beiwohnt, erlebt man die versmogte Luft als unangenehm.
- Gelegentlich musste ich mal die Luft anhalten, weil das gefuehlt toxische Gemisch von verschieden alten Brat- und Brutzeloelen, Laugen, Auspuffgasen, Speisen neueren und aelteren Datums, Menschen und Dueften unbekannten Ursprungs meinem Magen zu unbekannten Hoehenspruengen verhalf. Wie dankbar war ich taeglich fuer die neutrale Luft in der Wohnung.

- Wenn die Nase schon auf Welttour geht, tun das die Ohren auch
- morgendliches Vogelgezwitscher wird durch tausendfaches Hupen von 60.000 Taxifahrern und zehnmal mehr Auto- und Mofafahrern ersetzt- Rotzgeraeusche hunderter Chinesen und Chinesinnen, Nase hochziehen, ausspucken, alles verlangt nach einem beruhigendem Tantra ala: Das hoere ich nicht, das hoere ich nicht, das hoere ich nicht
- Bruzeln und zischen heissen Oels und unbekannter Waren; laut, lauter, am lautesten kannst du schnatternden Chinesen beim reden und diskutieren zuhoeren. Schnell und aufdringlich wird dir an jeder Ecke ein noch schoeneres Mitbringsel, Designerstueck, Chinaprodukt und ueberhaupt angeboten. Du brauchst Ruhe zum Entscheiden? Das ist unbekannt und man hilft dir, indem man noch mehr Sachen vor dir ausbreitet. Einer unentschiedenen Wage schwirrt nach soviel "Hilfsbereitschaft" schon mal der Kopf.
- gack, gack sagt eines der dutzend Huehner im Minikaefig, bevor die einsame Ente es mal zum atmen an die vorderen Gitterstaebe schafft. Zutaten wirklich frisch zu erwerben ist kein Problem. Alles "lebt" noch, wenn es verkauft wird, auch wenn viele der Tiere, egal ob zwei Dutzend Fische in 2cm hohem Wasser oder Minischildkroeten in sengender Hitze, eher auf dem sterbenden Weg sind.
- Saugute Musik, laute Gespraeche, Abende voller Lachen und selbstvergessenes Tanzen rundeten meine Woche in verschiedenen Clubs mit ueberwiegend Fremdlaenderanteil ab

Meine individuellen Erlebnisse und Momente

- Kinderpopos sieht man durch den Riesenschlitz in der Hose. Spart Windeln und ist luftiger fuer die kleinen Scheisserchen. Etwas mehr Schmutz auf den vermuellten Strassen ist auch nicht mehr wild
- Ein Papa kauft seiner verwoehnten Brut ein Megaeis, zerrt die Verpackung ab und laesst sie einfach fallen. So machen das viele
- Viele tanzen auf dem Tresen, der Tequilasong kommt und wer wie ein Voegelchen mit aufgesperrter Gusche rumhuepft bekommt einen ordentlichen Freischuss von oben verpasst
- Taxichinesisch ist das erste was Auslaender beherrschen. Immerhin sind die Fahrten superbillig und fuer nur 16 Euro bin ich 42 Kilometer an den Stadtrand Shanghais ins Naechstgelegene Wasserdorf gefahren worden
- Lande Stadtlaeufe schaffen muede Fuesse und der Luxus einer 1-stuendigen Massage, samt heissem Fussbad, Tee, etwas Obst und Gemuese kostet nur 5 Euro
- Ein massgeschneiderter Anzug, Dank Maggie einer echten Chinesin, kein Problem.

- Der Pudongfluss trennt Shanghai fast mittig von Nord nach Sued und erlaubt eine relative Weitsicht in die Megametropole der Stadt. Die Automassen auf der Strasse konkurrieren mit den alten Lastkaehnen auf dem dunkelverfaerbten Fluss. Der Geruch erinnert an Brackwasser, die Aussicht an moderne Fantasybuecher. Wahrlich beeindruckend.

- Tempelbesichtigungen, der Geruch hunderter Raeucherstaebchen empfaengt mich, betende Chinesen, dutzende goldene Buddhas, riesige Statuen und unglaubliche Schnitzleistungen rauben mir den Atem
- Sushi, all-you-can-eat. Zum Abschied noch einmal japanisch essen gehen. Guenstig, die komplette Karte als Bestellgrundlage, Platzgefahr am Ende
- Ich als gelegentliches Paradebeispiel fuer dt. Organisationswut leide unter Zeitdruck. 3h vor Abflug am Flughafen 40 Min. vor Abflug ist fuer Alleinreisende nach Neuseeland immer noch kein Schalter auf. Als ich endlich einen Schalter durch Hilfe einer mitreisenden Gruppe finde, behaelt das Fraeullein hinterm Schalter die Arschruhe. Diskutiert mein Ticket mit drei anderen, tut eine Weile gar nix. Gibt mein Ticket einfach weg. Tut wieder nix. Redet mit ihrer Kollegin und interessiert sich nicht dafuer, dass rein theoretisch mein Boarding in 10 Min vorbei sein koennte und ich noch weiter 4 Schlangen (das wusste ich da zum Glueck noch nicht) vor mir habe. Natuerlich hat am Ende alles geklappt und die Horde ueberlaut schnatternder Chinesen im Flieger habe ich gut ueberstanden. Das geniale Unterhaltungsprogramm der New Zealand Airlines macht das moeglich.

- Neuseeland ist nah, die Erwartungen riesig, der suesse Geschmack der Luft einer der Gruende, warum ich seit dem Abitur auf diese Inseln will. Es ist halb drei, ihr schlaft halb fuenf hoffentlich immer noch. NZ, Cap Reinga, meine erste Zweitagewanderung, mein Van, links fahren und rechts blinken, Fish 'n Chips, Kauribaeume, Kiwis, Sonne, Regen, heisse Quellen. Davon muss ich euch erzaehlen, wenn meine Finger wieder bereit sind.

Alles alles Liebe von under down under,

eure Hummmel