Dienstag, Mai 01, 2007

Shanghai 1 Woche zum Buchfuellen

Ja was war denn da nochmal...

Da mein persoenliches Tagebuch unter Eintragsmangel leidet, sollt ihr nicht auch noch davon betroffen sein. Es ist halb zwei Uhr Nachmittags in Tauranga und ihr schlaft halb vier Uhr morgens hoffentlich alle tief und fest.


1 Woche China, 1 Woche Extreme, 1 Woche angewandtes Kultur-schockerlebnis und Kulturverstaendnis


- ein Fleischspiess vom Strassenrand? Eine frisch geschaelte Ananas? Die Auswahl ist riesig, Hygienestandards an Individualstaenden nicht vorhanden, das Essen in Restaurants grandios, wenn man denn weiss, was man bestellen moechte. Fuer drei Personen 10 Gerichte und mehr (Reis nur wenn nach dem Speisen noch nicht alle satt sind), alles wird geteilt, alles probiert, alles zu guenstigen 30 Euro inkl. Getraenke

- Was bekommt man unter Umstaenden bei der Bestellung einer Coke ohne Eis?
a) eine Coke mit Eis
b) Kokain
c) eine Kokosnussmilch mit Eis

Jaaaa, und jetzt wollt ihr natuerlich die Antwort. Also b) ist einer Freundin von Doreen widerfahren, die bei Nachfrage jedoch dankend ablehnte und auf ein Getraenk der Marke Coke bestand. Doreen dagegen durfte sich ueber c) eine Kokosnussmilch mit Eis freuen.

- Wenn ein Bettler dich anspricht sei genauso ein Arsch, wie wenn dir Leute ganz echte! Designerware andrehen wollen. Hinter allem stecken Banden. Die Armut springt einem taeglich ins Gesicht und ein permanent beschaemendes Gefuehl kann zur Begleiterscheinung werden.
- Die Sonne ist schoen, dass weiss man jedoch nur wenn man die Stadtgrenzen nach ueber 40 km vom Zentrum aus ueberschritten hat und durch den Schleier von Smog und Wasser das nicht verdunsten kann, sieht. Weitsicht und tief durchatmen sind nicht Alltag.
- Saubere Toiletten sind ein Luxus, den sich eine verwoehnte dt. Goere gerne goennt. Das uebliche, oeffentliche, reichlich versaute, Loch im Boden, ein Stueck Klopapier das man zuvor kaeuflich erwerben darf und die Ansicht nackter chinesischer Hintern gehoeren einfach nicht zu meinem Erlebniswuenschen
- Und noch ein Wolkenkratzer. Jeder ist Ausdruck von Reichtum und architektonischer Kreativitaet, jeder raubt Shanghai ein Stueck seiner alten Identitaet und schafft fuer 16 Millionen Bewohner neue Eigentumswohnungen, Konsumpalaeste oder Hotelvarianten.
- Der groesste und weitverbreitetste Geldschein steht fuer 100 Yuan, ungefaehr 10 Euro. Mit denen wird in zum Teil riesigen Buendeln auch alles bezahlt. Der Tourist als solcher hat natuerlich die weite Verbreitung von Visaakzeptanzgeraeten verursacht, doch an den aberhunderten kleinen Staenden kann man selbstverstaendlich nur mit Barem Waren erwerben.

- Ihnen schmeckt die Luft heute nicht? Kommt vor. Der Geschmack von Diesel ist bei der Ankunft am bemerkenswertesten, dann gewoehnt man sich daran und nur wenn man zur Rushhour auf den Strassen dem Massenlaufen beiwohnt, erlebt man die versmogte Luft als unangenehm.
- Gelegentlich musste ich mal die Luft anhalten, weil das gefuehlt toxische Gemisch von verschieden alten Brat- und Brutzeloelen, Laugen, Auspuffgasen, Speisen neueren und aelteren Datums, Menschen und Dueften unbekannten Ursprungs meinem Magen zu unbekannten Hoehenspruengen verhalf. Wie dankbar war ich taeglich fuer die neutrale Luft in der Wohnung.

- Wenn die Nase schon auf Welttour geht, tun das die Ohren auch
- morgendliches Vogelgezwitscher wird durch tausendfaches Hupen von 60.000 Taxifahrern und zehnmal mehr Auto- und Mofafahrern ersetzt- Rotzgeraeusche hunderter Chinesen und Chinesinnen, Nase hochziehen, ausspucken, alles verlangt nach einem beruhigendem Tantra ala: Das hoere ich nicht, das hoere ich nicht, das hoere ich nicht
- Bruzeln und zischen heissen Oels und unbekannter Waren; laut, lauter, am lautesten kannst du schnatternden Chinesen beim reden und diskutieren zuhoeren. Schnell und aufdringlich wird dir an jeder Ecke ein noch schoeneres Mitbringsel, Designerstueck, Chinaprodukt und ueberhaupt angeboten. Du brauchst Ruhe zum Entscheiden? Das ist unbekannt und man hilft dir, indem man noch mehr Sachen vor dir ausbreitet. Einer unentschiedenen Wage schwirrt nach soviel "Hilfsbereitschaft" schon mal der Kopf.
- gack, gack sagt eines der dutzend Huehner im Minikaefig, bevor die einsame Ente es mal zum atmen an die vorderen Gitterstaebe schafft. Zutaten wirklich frisch zu erwerben ist kein Problem. Alles "lebt" noch, wenn es verkauft wird, auch wenn viele der Tiere, egal ob zwei Dutzend Fische in 2cm hohem Wasser oder Minischildkroeten in sengender Hitze, eher auf dem sterbenden Weg sind.
- Saugute Musik, laute Gespraeche, Abende voller Lachen und selbstvergessenes Tanzen rundeten meine Woche in verschiedenen Clubs mit ueberwiegend Fremdlaenderanteil ab

Meine individuellen Erlebnisse und Momente

- Kinderpopos sieht man durch den Riesenschlitz in der Hose. Spart Windeln und ist luftiger fuer die kleinen Scheisserchen. Etwas mehr Schmutz auf den vermuellten Strassen ist auch nicht mehr wild
- Ein Papa kauft seiner verwoehnten Brut ein Megaeis, zerrt die Verpackung ab und laesst sie einfach fallen. So machen das viele
- Viele tanzen auf dem Tresen, der Tequilasong kommt und wer wie ein Voegelchen mit aufgesperrter Gusche rumhuepft bekommt einen ordentlichen Freischuss von oben verpasst
- Taxichinesisch ist das erste was Auslaender beherrschen. Immerhin sind die Fahrten superbillig und fuer nur 16 Euro bin ich 42 Kilometer an den Stadtrand Shanghais ins Naechstgelegene Wasserdorf gefahren worden
- Lande Stadtlaeufe schaffen muede Fuesse und der Luxus einer 1-stuendigen Massage, samt heissem Fussbad, Tee, etwas Obst und Gemuese kostet nur 5 Euro
- Ein massgeschneiderter Anzug, Dank Maggie einer echten Chinesin, kein Problem.

- Der Pudongfluss trennt Shanghai fast mittig von Nord nach Sued und erlaubt eine relative Weitsicht in die Megametropole der Stadt. Die Automassen auf der Strasse konkurrieren mit den alten Lastkaehnen auf dem dunkelverfaerbten Fluss. Der Geruch erinnert an Brackwasser, die Aussicht an moderne Fantasybuecher. Wahrlich beeindruckend.

- Tempelbesichtigungen, der Geruch hunderter Raeucherstaebchen empfaengt mich, betende Chinesen, dutzende goldene Buddhas, riesige Statuen und unglaubliche Schnitzleistungen rauben mir den Atem
- Sushi, all-you-can-eat. Zum Abschied noch einmal japanisch essen gehen. Guenstig, die komplette Karte als Bestellgrundlage, Platzgefahr am Ende
- Ich als gelegentliches Paradebeispiel fuer dt. Organisationswut leide unter Zeitdruck. 3h vor Abflug am Flughafen 40 Min. vor Abflug ist fuer Alleinreisende nach Neuseeland immer noch kein Schalter auf. Als ich endlich einen Schalter durch Hilfe einer mitreisenden Gruppe finde, behaelt das Fraeullein hinterm Schalter die Arschruhe. Diskutiert mein Ticket mit drei anderen, tut eine Weile gar nix. Gibt mein Ticket einfach weg. Tut wieder nix. Redet mit ihrer Kollegin und interessiert sich nicht dafuer, dass rein theoretisch mein Boarding in 10 Min vorbei sein koennte und ich noch weiter 4 Schlangen (das wusste ich da zum Glueck noch nicht) vor mir habe. Natuerlich hat am Ende alles geklappt und die Horde ueberlaut schnatternder Chinesen im Flieger habe ich gut ueberstanden. Das geniale Unterhaltungsprogramm der New Zealand Airlines macht das moeglich.

- Neuseeland ist nah, die Erwartungen riesig, der suesse Geschmack der Luft einer der Gruende, warum ich seit dem Abitur auf diese Inseln will. Es ist halb drei, ihr schlaft halb fuenf hoffentlich immer noch. NZ, Cap Reinga, meine erste Zweitagewanderung, mein Van, links fahren und rechts blinken, Fish 'n Chips, Kauribaeume, Kiwis, Sonne, Regen, heisse Quellen. Davon muss ich euch erzaehlen, wenn meine Finger wieder bereit sind.

Alles alles Liebe von under down under,

eure Hummmel

5 Comments:

Anonymous Anonym said...

Oh weh, das hoert sich ja echt nach riesem Schock in Shanghai an.
Viel Spass beim Erholen in NZ!!!

Dienstag, 01 Mai, 2007  
Anonymous Anonym said...

Ach wie schön, genieß deine Reise und bring ganz viele Fotos und Geschichten mit! Drück dich Süße!

Mittwoch, 02 Mai, 2007  
Anonymous Anonym said...

Alles gelesen, nachgelebt und vorgedacht. Die Fotos dazu habe ich mit Begeisterung angeschaut ... Sonderstatus! Ätsch!
Uta hat es gut!

Sonntag, 06 Mai, 2007  
Anonymous Anonym said...

Oh man, wenn das kein Kulturschock ist! Du schreibst herrlich!!!
Julchen

Freitag, 11 Mai, 2007  
Anonymous Anonym said...

Ey, ich will auch Fotos sehen!!! So jeht et ja wohl nich....

Freitag, 11 Mai, 2007  

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